Konstantin Wecker hat einmal gesagt: „Ich will nicht glücklich werden, sondern leben“. TOBY M sagt es genauso. Natürlich auch, weil Wecker einer seiner größten Einflüsse ist. Vor allem aber, weil TOBY M versucht das Leben so zu nehmen, wie es ist. Und zwar in all seinen Facetten. Und da gehört eben alles dazu: Himmelhoch schweben, verliebt sein, sein Glück gar nicht fassen können. Aber auch im Halbdunkel der Melancholie, voller Sehnsucht sein, ein paar Tränen verdrückend.
»Wer sagt denn überhaupt, dass man immer glücklich sein muss?«
Vielleicht wird Glück nämlich überschätzt, glaubt TOBY M. „Wer sagt denn überhaupt, dass man immer glücklich sein muss? Und was ist überhaupt Glück? Nicht, dass ich nicht auch gerne glücklich bin – doch die Gesellschaft diktiert einem das ständige Streben nach Glück förmlich. Und dabei vergisst man dann oft, zu leben, sich auf das Leben einzulassen.“
Wahre Worte von einem, der das Glück genauso wie das Leid kennt. TOBY M hat viel gesehen in seinem Leben. Als Jugendlicher war er Springreiter („einmal sogar Weltcupsieger im Studentenreiten“), dann verletzte sich sein Pferd. TOBY M sattelte nicht um, sondern ab – und wurde Amateurboxer, im Halbschwergewicht. Ende der 1990er stieg sein erster Kampf: „Der Trainer sagte, ich sollte von der ersten Sekunde an attackieren. Das tat ich. Die Strategie war gut, dennoch ging ich in der ersten Runde K.o.“.
Heute kämpft TOBY M, der ehemalige Salzburger Landesmeister im Schwergewicht, nur mehr sporadisch, gibt den Sparringpartner für Freunde. Im Ring hat er viel gelernt: Sich angreifen zu trauen, aber auch die Deckung halten können. Schnell zu sein und stark, aber nie zu vergessen, dass man verwundbar ist. Aber vor allem: Wieder aufzustehen, wenn man am Boden liegt.
»Advokat der Herzen«
Nun ist sein Ring der Gerichtssaal: Anwalt, steht auf seiner Visitenkarte. Sein Schwerpunkt: Vertragsrecht, aber eigentlich auch alles andere. Nur eines macht er nicht: „Scheidungen. An meinem ersten Tag in der Kanzlei habe ich gesagt, ich mache alles, außer Scheidungen“. Zu stark ist dafür Tobys romantische Ader, zu sehr glaubt er an so etwas wie die wahre Liebe. Er ist eben, wie einmal ein Journalist geschrieben hat, der „Advokat der Herzen“.
Dann letztlich dreht sich doch alles um sie, die Liebe. Und um die Sehnsucht nach ihr: „Ohne Sehnsucht gäbe es keine Literatur, kein Theater, keine Musik – gar keine Kunst“, sagt er, der mit 18 Jahren begonnen hat, Songs zu schreiben. Grund war eine Frau und sein Onkel, der ihm die ersten Akkorde beibrachte. Da war sie endlich, die Möglichkeit, es den großen Vorbildern wie Elvis, Leonhard Cohen, Simon & Garfunkel, Don McLean oder Konstantin Wecker gleich zu tun. Nach wie vor schreibt TOBY M seine Songs ganz allein, daheim im Stillen. Hin und wieder legt er auch die Gitarre weg und setzt sich ans Klavier. Und dann kommt die Band ins Spiel, die ihn mittlerweile seit Jahren begleitet. Das ist nur würdig und Recht, schließlich geben diese Lieder einen tiefen Blick in seine Seele frei. Auf TOBY M, den Romantiker und großen Charismatiker, TOBY M, den unverbesserlichen Menschenfreund, der ein riesiges Herz hat. Bisweilen haben die Dialektreime durchaus Tagebucheffekt. Doch das ist schon gut so: „Es geht um große Emotionen“, sagt TOBY M.
Boxer, Rechtsanwalt und Liedermacher – TOBY M ist ein Tausendsassa!
Was raus muss, muss raus. Keine zwei Tage hat es gedauert, von der ersten Idee bis zur fertigen Aufnahme von „Die Heldin von Kassa 3 (Ich sage Danke)“. Es ist wohl DER Corona-Song aus der Feder von TOBY M, eine musikalische Stärkung all jener, die in schwierigen Zeiten dafür sorgen, dass sich die Welt weiterdreht. „Ich habe Samstagfrüh zu schreiben begonnen, war zu Mittag fertig, dann ging es ins Studio und am Montag haben wir das Lied veröffentlicht“, schildert der ewig charmante Salzburger die erstaunliche Entstehungsgeschichte in einem Telefoninterview. Und den ganzen Rest erzählt er auch, alles, was er sich von der Seele gesungen hat.
„Zwischen den Jahren“ heißt das neue Album von TOBY M. Ein Pandemie-Werk ist es geworden, begonnen im Frühjahr 2020, beendet im Herbst. Lockdown und Verzicht, Lockerung und Hoffnung – alles ist drin. Und natürlich lässt uns der Künstler auch wieder sehr nah zu sich. Es ist die Seelen-Beschau eines Mannes, der tief blicken lässt, so ehrlich und authentisch schildert, was er fühlt. Und was enttäuschte Liebe mit ihm macht. Wer kennt das nicht, wenn man sich verliebt in jemanden, der nicht richtig lieben will. „Es ist kein Hadern mit der Vergangenheit. Eher ein Blättern im Fotoalbum oder ein Ausdruck zarter Melancholie.“, sagt TOBY M. Natürlich geht es auch dunkler, wenn er etwa davon singt, dass nie wirklich eine Chance da war („Zu spät“). Aber es klingt auch hell und hoffnungsvoll, wie in „Du bist bei mir“.
Die Pandemie hat TOBY M die Zeit gegeben, das alles aufzuschreiben, binnen weniger Monate. „Auch wenn ich eigentlich noch eine Weile lang Schreibpause halten wollte“, wie er erzählt. Aber die Dinge kommen dann eben immer anders. Zeit gewonnen durch Corona also – aber natürlich auch viel versäumt, ein Leben dominiert vom Pause-Zeichen. Diese Zerrissenheit der Virus-Monate spiegelt sich auch wieder auf diesem Album. Einerseits die Melancholie und die Inwendigkeit. Andererseits eine gewisse Kraft und Hoffnung. So wie in „Wir haben immer noch Paris“, wo alles wieder da ist, die Frau, das Licht, die Zärtlichkeit. Kenner entdecken in dem Titel natürlich eine Anspielung auf den Filmklassiker „Casablanca“. Und in diesem Streifen heißt es ja „Spiel’s noch mal!“ in Richtung des Musikers. Genau das könnte man auch Toby M zurufen. Das könnte der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein, zwischen Tobys neuem Album – und uns.